Das zur Benediktinerinnenabtei St. Walburg in Eichstätt gehörende Gästehaus wurde 1746-1748 nach Plänen des fürstbischöflichen Baumeisters Johann Benedikt Ettl errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Binnenstruktur des Gebäudes mehrmals verändert.Zur Ermittlung der Möglichkeiten einer nachhaltigen Instandhaltung des Gebäudes wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalbehörde zunächst ein denkmalpflegerisches Vorprojekt mit einer umfassenden substantiellen und baugeschichtlichen Erkundung, sowie einer detaillierten Schadensanalyse durchgeführt. Auf dieser Grundlage konnte gemeinsam mit der Abtei und den Denkmalbehörden die weitere Planung entwickelt werden.
Das barocke Gästehaus sollte unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten fachgerecht hergerichtet, modernisiert und an Bedürfnisse zukünftiger Nutzer angepasst werden. Was zunächst eine eher unspektakuläre Baumaßnahme zu werden schien, entwickelte sich zusehends zu einer hoch anspruchsvollen und komplexen Bauaufgabe.
Nach Abschluss des denkmalpflegerischen Vorprojekts wurde die Maßnahme seitens der Denkmalbehörden und des Freistaates Bayern letztlich zum E-Fonds-Projekt erhoben, (Entschädigungsfonds des Freistaates Bayern), der ausschließlich besonders hochwertigen und herausragenden historischen Bauten zuteilwird, die unter der Prämisse des Schützens und Erhaltens der historischen Substanz für zukünftige Generationen beispielgebend gesichert werden.
Sanierungsleitbild
Ziel der Planung war, architektonische Lösungen zu realisieren, die sensibel mit der historischen Bausubstanz umgehen und neue Bauteile in hoher handwerklicher Qualität in das historische Gefüge einbinden.
Um das Gebäude dementsprechend entwickeln zu können, wurde ein differenziertes Konzept entwickelt: einerseits substanzschonende Stabilisierung und Ertüchtigung des gesamten Tragwerks und der baulichen Grundsubstanz und andererseits eine behutsame Restaurierung der Räume und Ausstattungen, sowie der Gebäudehülle mit den Fassaden.
Planung und Gestaltung eines neuen Raumprogramms
Die Grundrisse der Wohnungen und Appartements wurden innerhalb der bestehenden historischen Strukturen neu organisiert. Das Gebäude sollte dabei auf einer Etage auch weiterhin als interne Einrichtung zur Unterbringung von Gästen der Abtei, für Familienangehörige der Kommunität, Geistliche u.a. genutzt werden - eine Einrichtung gemäß der Regel Benedikts. Hierfür wurde das gesamte 1. Obergeschoss mit Gästezimmern ausgestattet. Im 2. und 3. Obergeschoss entstanden mehrere 1- und 2-Zimmerappartements, sowie eine 3-Zimmer Wohnung. Als Anpassung an heutige Wohnvorstellungen erhielten alle Gästezimmer jeweils neue Funktionsbereiche mit Nasszellen und die Wohnungen und Appartements zusätzlich Küchen.
Der im Erdgeschoss vorhandene Saal wurde für hausinterne Zwecke hergerichtet und bietet dafür mit angrenzendem Foyer, Küche und Sanitärbereich Möglichkeit für unterschiedlichste Nutzungen.
Das Gebäude sollte weitgehend barrierefrei zugänglich und nutzbar werden. Hierfür wurde im neuzeitlichen Zwischenbau ein entsprechender zusätzlicher Zugang geplant. Die Lage eines Aufzugs, für eine Erschließung aller Etagen wurde so gewählt, dass bis auf die notwendigen Deckenausschnitte möglichst keine weitere Bausubstanz beeinträchtigt wurde.
Sicherung des historischen Bestandes
Bei den Innenräumen waren umfangreiche Originalausstattungen wie Treppe, Türen, Dielenböden, aber auch die Putze noch vorhanden. Genaue Bestandsuntersuchungen hatten ergeben, dass nahezu alle Schäden reparabel waren. In Abstimmung mit den Denkmalbehörden, Restauratoren und Handwerkern wurden für die einzelnen Bauteile möglichst behutsame Renovierungs- und Instandsetzungsverfahren entwickelt, das die vorhandenen Gebrauchsspuren möglichst sichtbar belässt und die Oberflächen nur leicht überarbeitet.
Die historischen Holzbalkendecken wurden statisch wieder belastbar gemacht, brandschutztechnisch ertüchtigt und die originalen Dielenfußböden, die sich im Bestand unter teilweise mehreren Lagen aufgedoppelter Beläge vorfanden, mit viel Feingefühl restauratorisch hergerichtet.
Zur Durchführung der statischen Stabilisierungsmaßnahmen der Decken mussten die Dielen vollflächig ausgebaut und im Anschluss wieder neu verlegt werden. Hierfür wurde jedes einzelne Brett vorab kartiert, nummeriert und nach umfangreicher Restaurierung „in situ“ wieder eingebaut. Um die bestehenden Höhenniveaus der Böden an den nicht veränderbaren Anschlusspunkten von Treppen und historischen Türen trotz der zusätzlicher Konstruktionshöhen aus statisch erforderlichen Einbauteilen innerhalb der Decken wieder zu erreichen, waren raumweise neue Konstruktionsaufbauten differenziert zu planen.
Die fachgerecht zu restaurierenden historischen Türen wurden unverändert an Ort und Stelle belassen und so in das neue Raumkonzept integriert. Erforderliche brandschutztechnische Ertüchtigungen wurden reversibel geplant, ohne das Erscheinungsbild zu beeinträchtigen.
Die Außenflügel der neuen Kastenfenster wurden anhand einer historischen Originalvorlage neu konstruiert in beschichtetem Eichenholz nachgefertigt.
Gebäudetechnische Anforderungen
Für die Einbindung der neuen funktionalen und technischen Anforderungen aus Statik, Brandschutz, Bauphysik und technischer Gebäudeausrüstung wurden konstruktive und gestalterische Lösungen entwickelt, welche maximal substanzschonend waren und die technischen Installationselemente möglichst nicht in Erscheinung treten lassen. So verbirgt sich hinter der historischen Architektur zeitgemäße Technik, Heizung- und Klimatechnik, Elektro- und Sanitärinstallationen, Kommunikationstechnologie und Brandschutzmaßnahmen, entsprechend dem aktuellen Stand und ertüchtigen die Räume für den heutigen Alltag.
Alt und Neu
Der Umgang mit historischer Bausubstanz erforderte auch für die baulichen Ergänzungen ein hohes Maß an Sensibilität. Dahingehend wurden neue Bauteile möglichst zurückhaltend gestaltet. Die neuen Elemente sollen sichtbar und erkennbar sein, ohne zu dominierend in Erscheinung zu treten.
Für die neu zu integrierenden Nasszellen wurden Raum in Raum Lösungen entworfen, die sich mit schlichten Konturen einerseits als neue Elemente zu erkennen geben, gleichzeitig die historischen Räume in ihren ursprünglichen Konturen und ihrer ursprünglichen Qualität wirken lassen.
Zur Erhaltung der räumlichen Wirkung und Erlebbarkeit der primären Erschließungsstruktur, der Flure und des zentralen Treppenhauses, wurden die erforderlichen neuen Raumabschlüsse mit höchstmöglicher Transparenz gestaltet. Dadurch entsteht Durchlässigkeit – die Raumwirkung bleibt.
Gleichzeitig wurde für den historischen Treppenraum der ursprüngliche Raumeindruck wieder erlebbar gemacht, indem neuzeitliche Trennelemente entfernt wurden und in Verbindung mit einem neu herausgearbeiteten Eingangsbereich der gesamte Treppenraum mit der historischen Treppe wieder klar zur Geltung kommt und im Gebäude Orientierung gibt.
Fazit
Nach der Instandsetzung des historischen Hauses lassen sich die Räume des Gebäudes wieder intensiv(er) erleben. Ergänzungen zeigen sich zurückhaltend mit modernen Baustoffen und Architekturelementen. Die historischen Bauelemente erblühen wieder mit alten Handwerksdetails und traditionellen natürlichen Materialien. Wo es irgend ging, bedeckt der Originalputz die historischen Wände, die Oberflächen wurden in dezenter weißer Kalkfarbe aufgefrischt. Alles wirkt wieder vertraut - und dennoch neu.